Mit der Einführung der Straßenbeleuchtung begann die stete Verbreitung der hellen Nacht. Das war vor über 100 Jahren. Heute spricht man von Lichtverschmutzung und dem Verlust der Nacht. Und das hat mittlerweile starke Auswirkungen. Davon betroffen sind vor allem die nachtaktiven Insekten. Dr. Franz Hölker, Leiter der Arbeitsgruppe Lichtverschmutzung und Ökophysiologie am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin war Ende 2017 an einer Publikation beteiligt, bei der durch Satellitenbilder heller und auch dunkler werdende Flecken auf der Welt quantifiziert wurden. Das Ergebnis war eine über 2-prozentige Zunahme des Lichts in bereits beleuchteten Bereichen als auch eine über 2-prozentige Ausbreitung der beleuchteten Fläche - und das pro Jahr. Besonders Großstädte werden immer heller, denn je größer die Metropole ist, je mehr Menschen auf einem Fleck leben, desto höher ist die Lichtverschmutzung, so Dr. Benjamin Mirwald, Leiter der Münchner Volkssternwarte.
Lichtverschmutzung kein rein urbanes Thema
Auch auf dem Land und in kleineren Städten sind mittlerweile die Straßenzüge und etwaige Denkmäler oder Brunnen nachts stark erhellt. Dr. Benjamin Mirwald, Leiter der Volkssternwarte München, führt an, dass es in Brandenburg und Niederbayern tatsächlich noch einige sehr dunkle Gebiete gäbe. Auch in den Alpen seien noch sehr dunkle Stellen zu finden. Wohingegen München und Umgebung sehr hell sei, genauso wie Hamburg, Berlin und das gesamte Ruhrgebiet.
Straßenlaternen locken Insekten an
Durch die stete Helligkeit in der Nacht werden Insekten irritiert und vergessen völlig ihre Funktionen und Aufgaben. Die Tiere tummeln sich aus unterschiedlichen Gründen im Licht. Manche sind geblendet, andere desorientiert und wieder andere verwechseln die Straßenlaterne mit dem Mond, den sie als Orientierungspunkt nutzen. Einmal im Lichtkegel angekommen, sterben sie entweder durch Erschöpfung oder durch Raubinsekten, die ebenfalls ihre angestammten Territorien verlassen haben, um unter Straßenlampen und Co. nach Futter zu suchen. So entsteht ein Ungleichgewicht, das so von der Natur nicht vorgesehen ist.
Die Natur gerät also immer mehr aus dem Gleichgewicht. Denn die Funktion der Insekten ist nicht zu unterschätzen. Wenn es keine Insekten gäbe, dann hätten viele andere Tiere auch keine Chance. Dazu zählen Vögel, Fische, Amphibien, Reptilien und andere räuberische Insekten. Durch die nächtliche Beleuchtung kann es passieren, dass Insekten so irritiert werden, dass sie es nicht zu den Orten schaffen, an denen sie sich normalerweise fortpflanzen. So kann der Nachtfalter durch einen hell beleuchteten Straßenzug so irritiert werden, dass er es nicht über die einzelnen Lichtkorridore hinaus schafft, obwohl er auf dem Weg zum Paarungsplatz war.
Regensburg setzt auf schonende Straßenbeleuchtung
Im Jahr 2009 reagierte Regensburg als eine der ersten bayerischen Städte auf die Lichtverschmutzung und stellte die Straßenbeleuchtung um. Denn die sonst verwendeten Quecksilberdampf-Hochdrucklampen sind durch die Wellenlänge ihrer Strahlung besonders starke Insektenmagneten. Regensburg stellte auf LED-Technik um. Laut der Stadt Regensburg haben diese Lampen ein anderes Farbspektrum wodurch weniger Insekten angezogen werden.
Dr. Franz Hölker hat eine einfache Regel, wenn es um die Verwendung von Licht in der Nacht geht.
Was kann sonst unternommen werden?
Die ersten Städte reagieren und verkürzen die Zeit, in der nachts Denkmäler und Sehenswürdigkeiten angestrahlt werden. Auch jeder private Haushalt kann die Lichtverschmutzung eindämmen. Wer die Einfahrt oder den Eingangsbereich nachts beleuchtet, kann auf Bewegungsmelder setzen oder vielleicht sogar auf das ein oder andere Außenlicht verzichten. Wer auf seine Solar-Leuchten im Garten besteht, der sollte sie zumindest aus machen, wenn er nicht mehr im Garten sitzt oder sie braucht.
"Die Lösung wäre hier, das Licht genauso zu handhaben, wie man ein anderes Licht auch handhabt: Wenn man es nicht braucht, sollte man es ausstellen."
Dr. Franz Hölker, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei