Goethe und Rüdenhausen

Rüdenhausen war dem großen Dichter nicht unbekannt

Rüdenhausen Ansichten (29)

Wenn es mit dem Tourismus nicht so ganz klappt und die erwarteten Gäste mehr oder weniger ausbleiben, dann greifen die lokalen Verantwortlichen für solche Geldquellen häufig zu einem Trick. Warum sonst, glauben Sie, werben so viele Orte mit der einmaligen Übernachtung oder zumindest Durchreise einer historisch und auch sonst bedeutsamen Persönlichkeit. Frisch polierte Messingschilder mit der Aufschrift „hier übernachtete auf seiner Reise von … nach … am … Johann Wolfgang von Goethe“. Dieser Name auf diesen Schildern ist ohne weiteres austauschbar, im fränkischen beispielsweise häufig durch Friedrich Rückert, der stammt ja auch von hier, oder Napoleon - zwischen Frankreich und Russland liegt nun mal Franken. Aussagen soll ein solches Schild, dass man doch an einem solch geschichtsträchtigen Ort nicht einfach vorbeifahren kann, ohne zumindest zu rasten und anschließend in seinem Bekanntenkreis verlauten lassen kann: „ich war schon mal in…“, was von diesem dann sicherlich mit großer Bewunderung entgegengenommen wird. Dass diese Schilder nicht allzu oft den historischen Tatsachen entsprechen und der werbende Aspekt bei der Anbringung derselben im Vordergrund steht, sollte man wissen.

In Rüdenhausen sucht man nun vergebens nach einem solchen Schild und es ist auch nichts über die Anwesenheit einer solchen Persönlichkeit hier bekannt. Mit Ausnahme des Generals Piccolomini, der allerdings Rüdenhausen belagert und groß teils zerstört haben soll, also nicht der Erwähnung in diesem Sinne wert ist.

Aber, und das sei hier angemerkt wir haben einen Bezug zu einem der ganz Großen: zum „Dichterfürsten“ Johann Wolfgang von Goethe. Wo kann der Bezugspunkt anders liegen als – beim Wein. Goethe war unter anderem großer Weinliebhaber und er bezog nicht unerhebliche Mengen davon aus Rüdenhausen. Ob es Wein aus dem Weinbaugebiet Rüdenhausen war ist nicht überliefert. Aber die Rüdenhäuser Weinhändler Heinrich und Friedrich Karl Hornschuch unterhielten kommerzielle Verbindungen zu Goethe nach Weimar und, wie aus entsprechendem Schriftverkehr entnommen werden kann, dieser orderte große Mengen zu seiner und seiner zahlreichen Gäste Freude. Diese Weinhandlung existierte damals im ehemaligen Anwesen des Altbürgermeisters Hans Full und ist heute als „Weinkeller am Schloss“ mit seinem Wirt Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt.

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Genau dort war es, wo, vermutlich in den Lagerkellern des Goethe´schen Weines, Dr. Hans Bauer sein Werk „Goethe: FRANKEN WEIN & FRAUEN“ (J.H. Röll Verlag, Dettelbach) vorstellte und für uns Einheimische mit so mancher Überraschung aufwartete. In jahrelangen Recherchen konnte Hans Bauer weitere Bezugspunkte zu Rüdenhausen herausfinden, da Goethe ein penibler Tagebuchaufzeichner gewesen sein musste. So hat er zum Beispiel seine Spaziergänge mit vermutlich Luise Karoline Gräfin zu Castell-Rüdenhausen, der Begründerin der umfangreichen Rüdenhäuser Schlossbibliothek,  während seines Kuraufenthaltes in Karlsbad im Mai 1808 vermerkt oder ebenfalls dort das Zusammentreffen mit dem ehemaligen Castell´schen Consistorialrat und Hofprediger Heinrich Stephany, der wegen seiner pädagogischen Reformen in der Region einen hohen Bekanntheitsgrad hatte.

Rüdenhausen wegen dieser Episoden einen „Goetheort“ zu nennen wäre weit übertrieben, aber Goethe in unsere zukünftigen Erzählungen über unseren Ort irgendwo mit unterzubringen, sei uns gegönnt.

"Ein Mädchen und ein Gläschen Wein
Kurieren alle Not;
Und wer nicht trinkt und wer nicht küsst
Der ist so gut wie tot"

Johann Wolfgang von Goethe



Erstellt am 01.03.2013 18:33, geändert am 20.03.2013 08:32