Zur Erinnerung - Reformation in Rüdenhausen

Im Jahre 2017 jährte sich der Anschlag der 95 Thesen an die Pforte zur Schlosskirche in Wittenberg durch Martin Luther zum 500. Male und wurde aus diesem Grunde einmalig auch bei uns als gesetzlicher Feiertag begangen.

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Anfänglich war die Bewegung ein Versuch, die römisch-katholische Kirche zu reformieren. Viele Katholiken in West- und Mitteleuropa waren beunruhigt durch das, was sie als falsche Lehren und Missbrauch innerhalb der Kirche ansahen, besonders in Bezug auf die Ablassbriefe. Ein weiterer Kritikpunkt war die Käuflichkeit kirchlicher Ämter, die den gesamten Klerus in den Verdacht der Korruption brachte.

Mit dem Tode des letzten in Rüdenhausen residierenden castell´schen Vasallen Hans von Gnottstadt im Jahre 1533 entschloss sich der damals regierende Graf Wolfgang I. das heimgefallene Lehen nicht mehr zu vergeben und es somit der eigenen Familie zu erhalten. Er selbst bewohnte zeitenweise mit seiner Familie das Rüdenhäuser Schloss und verfügte, dass nach seinem Tode die Grafschaft  unter seinen beiden verheirateten Söhnen Konrad II. und Georg II. geteilt und dabei Rüdenhausen seinem jüngsten Sohn Georg zufallen soll. Am Todestag des Grafen Wolfgang (5. Juli 1546) trat die neue Landesteilung in Kraft. Graf Georg befand sich allerdings noch als Student in Italien und deshalb regierte sein Bruder Konrad zunächst auch den Rüdenhäuser Teil der Grafschaft mit. Diesem besonderen Umstand ist es zu verdanken, dass, quasi als Testlauf, die Reformation in Rüdenhausen als einzigem Ort der gesamten Grafschaft bereits im Jahre 1546 durch Graf Konrad eingeführt wurde, wie eine lateinisch verfasste Inschrift auf einer Tafel über dem Chorbogen der alten gotischen Kirche besagt:

"Im Jahre 1546 kurz vor dem Tode des Erlauchten und Hochgeborenen Herrn Wolfgang Graf und Herr zu Castell fieng man an, das heilige Evangelium Christi, wie es der verehrungswürdige Dr. Martin Luther durch die unermessliche Güte Gottes von den Schlacken und Verdorbenheiten des Pabsttumes gereinigt hatte, in diesem Ort und in der ganzen Grafschaft Castell lauter und rein zu predigen."  (Viehbeck, FC Archivar).

Falsch ist in dieser Aussage, dass gleichzeitig die anderen Castell´schen Pfarrorte evangelisch geworden sind. Erst 13 Jahre später, im Jahre 1559, ist dieser Schritt vollzogen worden.

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Dieses Rennaissance Epitaph in der Rüdenhäuser Kirche zeigt den ersten Rüdenhäuser Regenten Georg II. Graf und Herr zu Castell-Rüdenhausen mit seiner Familie

Graf Wolfgang selbst war noch katholisch gewesen und wurde, altem Brauch entsprechend, in der Klosterkirche zu Ebrach beigesetzt. Auch Graf Konrad schwankte lange, ob er sich der Lehre Luthers anschließen sollte, und es ist bezeichnend, dass er die Reformation  zunächst nur in Rüdenhausen, dem eigentlich seinem Bruder gehörigen Ort einführte, in seinem eigenen Herrschaftsgebiet in Castell aber die alte Ordnung bestehen ließ.

Rüdenhausen beging diesen hohen Gedenktag als Feiertag am 31. Oktober 2017 mit einem Festgottesdienst um 10.00 Uhr in der evangelisch lutherischen Pfarrkirche St. Peter und Paul unter Mitwirkung des Kirchenchores "Gnadenkirche" sowie des Rüdenhäuser Posaunenchores.