Vom fränkischen Rechen zum staufischen Löwen - 50 Jahre Patenschaft Markt Rüdenhausen – Bundeswehr Veitshöchheim

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Am 7. Juli 2023 begeht die Marktgemeinde Rüdenhausen gemeinsam mit ihrer Patenkompanie, heute der 1. Kompanie des Fernmeldebataillon der 10. Panzerdivision, ein in der Bundesrepublik Deutschland vermutlich sehr selten vorkommendes Jubiläum: 50 Jahre Patenschaft und damit eine der ältesten ununterbrochenen und heute noch mit viel Leben erfüllten engen Verbindung zwischen einer Kommune und der Bundeswehr.

Seit dem Jahre 1973 besteht zwischen der Marktgemeinde Rüdenhausen und Einheiten des unterfränkischen Bundeswehrstandortes Veitshöchheim eine sehr enge Verbindung, die, erhoben zur Patenschaft, noch heute beispielgebend für zivil-militärisches Zusammenwirken auf kommunaler Ebene ist. Und angefangen hat einmal alles so:

"Erste Kontakte zur Bundeswehr" - so überschrieb die MAIN POST im September 1972 einen Artikel über die ersten Bande, die zwischen der Gemeinde Rüdenhausen und den Soldaten der Stabskompanie der damaligen 12. Panzerdivision (fränkischer Rechen) geknüpft wurden. Ziel war, sich erst einmal kennenzulernen und ein Fernziel ins Auge zu fassen: Den Abschluss einer Patenschaft.

Ursprünglich übten Sicherungszug und Versorgungszug der Stabskompanie in der Nähe der Winzergemeinde Sommerach im Gelände und auf dem Main die feldmäßige Versorgung und das Überwinden von Gewässern. Einige Jahre liefen diese Vorhaben auch ohne Probleme, doch dann entschloss sich die dortige Gemeindeverwaltung gerade in diesem Geländeteil einen Campingplatz zu errichten. Das bedeutete das Ende für den Wasserdienst, jedoch nicht für die Einsatzübungen des Versorgungszuges. Dieser benötigte für seine Ausbildung kein Gewässer, sondern nur ein passendes Gelände mit Wald. Der "Zellinger Wald" "bot sich wegen seiner Nähe zu Veitshöchheim an, doch da dort nicht geschanzt werden durfte, befriedigte diese Lösung auch nicht. Da kam dem damaligen Versorgungszugführer Wolfgang Grenz eine alle Schwierigkeiten beseitigende Idee: Sein Wäldchen in seiner Heimatgemeinde Rüdenhausen war das geeignete Übungsobjekt. Hier konnte ein komplettes Ausbildungsprogramm durchgeführt werden, Kampfstände, Feldpostenstände und sogar ein Unterstand konnten gebaut werden. Von da an liefen die Übungen unter dem damaligen Kompaniechef Major Manfred Rottner in inzwischen schon bewährter Form weiter.

Diese Aktivitäten blieben von der Rüdenhäuser Einwohnerschaft nicht unbemerkt.
Im September 1972 trafen sich Gemeinderat und Soldaten zum ersten Mal, um erste Kontakte zu knüpfen. Im Oktober folgte dann die Gegeneinladung der Soldaten. Der Gemeinderat Rüdenhausens besichtigte das "Übungsgelände" und verbrachte einen Biwakabend mit Lagerfeuer, Gegrilltem und Bier im Gespräch mit den Soldaten. Der Grundstein zukünftiger Gemeinsamkeit war gelegt.

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Es wäre nicht die Bundeswehr, müsste eine solche Verbindung nicht in einem formellen Rahmen geschlossen werden und so wurden Bürgermeister und Gemeinderat gebeten hierzu einen formellen Antrag für eine Patenschaft an die vorgesetzte Führung der 12. Panzerdivision zu stellen.

Im Frühjahr 1973 traf dann ein Brief der Ortsväter bei der Division ein. Sie äußerten damit offiziell den Wunsch nach Abschluss einer Patenschaft. Und dann ging alles Schlag auf Schlag. Vorbereitungen wurden getroffen, es folgte eine Besprechung nach der anderen, bis es dann am 09. September 1973 endlich so weit war:

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Foto: Karin Lauerbach

Im Schlosspark zu Rüdenhausen wurden durch Major Manfred Rottner und Bürgermeister Simon Bergmann die Urkunden ausgetauscht und die Patenschaft besiegelt. Angetreten waren Soldaten der Kompanie und des Heeresmusikkorps der Division. Zahlreiche Rüdenhäuser Bürger waren Zeugen der feierlichen Zeremonie. Die Patenschaft war besiegelt.

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Inzwischen wurde der "Übungsplatz" an die Tannenspitze verlegt, neue Chefs und Unterführer nahmen die Plätze der "Alten" ein. Strukturelle Veränderungen der Bundeswehr brachten es mit sich, dass die Namen der Bezeichnungen der Einheiten der Patenschaft häufig wechselten und mit ihnen auch die Namen der Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere. Inzwischen ist eine Einheit der 10. Panzerdivision (Staufischer Löwe) mit Rüdenhausen patenschaftlich verbunden. Doch der Zusammenhalt der Patenschaft und der Geist, der sie erfüllt, blieb der alte.

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Die meisten der bereits in den Anfangsjahren begonnenen Aktivitäten gehören heute zu den traditionellen Ereignissen sowohl in der Gemeinde als auch im Soldatenalltag, seien es Adventsfeiern, Abende am Lagerfeuer, sportliche Wettbewerbe, Kinder- und Seniorenbetreuung, Feldgottesdienste oder die Übergabeappelle bei Wechsel von Führungskräften mal in Veitshöchheim, mal vor der Kulisse des Rüdenhäuser Schlosses. Zu den besonderen Ereignissen im Rahmen eines Biwaks in Rüdenhausen kann die Taufe eines Soldaten in der Rüdenhäuser Pfarrkirche St. Peter und Paul gezählt werden. Eine Vielzahl von gemeinsamen Unternehmungen schafften neben den offiziellen Kontakten auch eine ganze Reihe persönlicher Freundschaften. Mit einem Satz: die Patenschaft, vor nunmehr 50 Jahren abgeschlossen, ist mit Leben erfüllt und hat sich bewährt.

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1. Bürgermeister Gerhard Ackermann und Kompaniechef Major Joachim Dey besiegeln mit Urkunde die Fortsetzung der Patenschaft mit der Bundeswehr

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Bei den jährlich stattfindenden Biwaks der Bundeswehr in Rüdenhausen kann die Versorgung als sprichwörtlich bezeichnet werden.

Mit seinem Grußwort zum 20-jährigen Jubiläum dieser einzigartigen Patenschaft brachte S.D. Siegfried Fürst zu Castell Rüdenhausen (1916 -2007) damals schon die gemeinsame Beziehung von Gemeinde und Bundeswehr auf den Punkt:

„Ein wesentlicher und in meinem Haus zum Grundsatz erhobener Aspekt zur Bewältigung mir anvertrauter und übertragener Aufgabe innerhalb meiner Familie, unseres Unternehmens besonders aber innerhalb unserer örtlichen Gemeinschaft ist die Bindung an althergebrachte und bewährte Traditionen. Tradition zu wahren bedeutet auch, nachfolgenden Generationen positive und nutzbringende Überlegungen und Erfahrungen zur eigenen Entscheidungsfindung für eine persönliche Lebensführung an die Hand zu geben oder auch nur anzubieten. Die mit unserer Patenschaft gemachten Erfahrungen lassen diese zu einer bewahrungswürdigen Tradition erheben“.

Manto Graf zu Castell-Rüdenhausen

Hinweis: Dieser Beitag erschien in abgeänderter Form im Jahrbuch des Landkreises Kitzingen "Im Bannkreis des Schwanbergs"  in der Ausgabe für das Jahr 2023 und ist im Buchhandel käuflich zu erwerben.



Erstellt am 22.06.2023 11:10, geändert am 28.06.2023 09:12